Mit einem Gewinn von $4,5 Milliarden im ersten Quartal steigt Tether in die Bereiche Bitcoin-Mining, KI und Bildung ein

Originalartikel von Nina Bambysheva, Forbes

Originalübersetzung: Ruffy, Foresight News

In einer Zeit, in der ein Großteil der Kryptowährungswelt zusammengebrochen ist, da FTX und andere BranchengigantenaiTether ist aus der Masse hervorgestochen und hat Erfolg gehabt.

Der Marktwert von Tethers Stablecoin USDT ist auf $111 Milliarden gestiegen, das Dreifache des Wertes seines größten Konkurrenten USDC, der von dem in Boston ansässigen Unternehmen Circle herausgegeben wird. Tethers Geschäft ist beneidenswert, da seine Finanzierungsquelle dank der höheren Zinsen für US-Staatsanleihen, die den Großteil der Reserven ausmachen, die seinen Krypto-Stablecoin stützen, praktisch kostenlos ist. Anders als bei traditionellen Banken erhalten Kunden, die harte Währungen bei Tether gegen USDT einzahlen, keine Zinsen.

Allein im ersten Quartal 2024 meldete Tether ungeprüfte Unternehmen „Finanzergebnisse“ von $4,5 Milliarden und ein Nettovermögen von $11,4 Milliarden. Im Jahr 2023 meldete das Unternehmen einen Nettogewinn von $6,2 Milliarden, was es heute durchaus zum profitabelsten Unternehmen im Kryptowährungsbereich machen könnte. Im Vergleich dazu erzielte Coinbase, die größte US-Kryptowährungsbörse, im Gesamtjahr 2023 einen Umsatz von $3,1 Milliarden und einen Gewinn von $95 Millionen, wobei der Nettogewinn im ersten Quartal 2024 $1,2 Milliarden betrug, was hauptsächlich auf steigende Kryptowährungspreise zurückzuführen ist. Dank der Partnerschaft mit Circle stammten etwa 20% des Gewinns von Coinbase im Jahr 2023 aus den Zinsen, die es mit seinen Reserven verdiente, die den Stablecoin USDC stützen.

Tether ist mit Bargeld gut ausgestattet und strebt nun ein Wachstum über Stablecoins hinaus an. Letzten Monat kündigte das auf den Britischen Jungferninseln ansässige Unternehmen eine strategische Umstrukturierung an, in deren Rahmen neben Stablecoins drei neue Geschäftsbereiche eröffnet werden sollen: Bitcoin-Mining, künstliche Intelligenz und Bildung.

Paolo Ardoino, CEO von Tether

„Die Idee, dass Kryptowährungen Zwischenhändler überflüssig machen, lässt sich auf viele andere Bereiche übertragen“, sagte Paolo Ardoino, der neue CEO von Tether, der seit 2017 als Technologiechef und Sprecher des Unternehmens fungiert.

Bei den Expansionsplänen von Tether geht es nicht nur um eine umsichtige Diversifizierung des Geschäfts, sondern auch um Philosophie. „Wir glauben, dass 90% oder mehr der Technologie für den besten Fall entwickelt wurden, aber niemand entwickelt Technologie für den schlimmsten Fall“, sagte der 40-jährige Ardoino. „Wenn eine Katastrophe passiert, sage ich nicht, dass sie passieren wird, aber es könnte alles passieren und wir sind nicht darauf vorbereitet.“

Kryptohistoriker werden sich erinnern, dass Bitcoin von Satoshi Nakamoto als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 geschaffen wurde, als weitverbreitete Zweifel an der Stabilität und Verlässlichkeit des bestehenden globalen Finanzsystems aufkamen. Ardoino glaubt, dass Tether eine wichtige Rolle bei der Schaffung einer seiner Meinung nach souveränen Technologie spielen wird, die Menschen Macht verleihen kann.

„Es ist gut, stabiles Geld zu haben, aber wenn man nur stabiles Geld hat und alles andere zentralisiert ist, wird es sehr schnell zerstört“, sagte Ardoino. „Eines unserer Mottos ist ‚Gebaut für den Weltuntergang‘.“

Paolo Ardoino wuchs auf einem Bauernhof in Norditalien auf. Mit acht Jahren begann er zu programmieren und studierte später Informatik und Mathematik an der Universität Genua. Nach seinem Abschluss im Jahr 2008 wurde Ardoino Forscher für militärische Projekte bei Selex Communications, einem Elektronik- und Informationstechnologieunternehmen, wo er sich auf hochverfügbare, robuste Netzwerke und Verschlüsselungstechnologien konzentrierte.

Auf der Suche nach Möglichkeiten außerhalb Italiens zog er 2013 nach London und gründete bald darauf Fincluster, ein Startup, das cloudbasierte Finanzanwendungen für Berater, Fondsmanager und Institutionen in London, Mailand und Lugano entwickelt. Im Oktober 2014 stellte ihn einer seiner Kunden Giancarlo Devasini vor, dem CFO von Tether und der Schwester-Kryptowährungsbörse Bitfinex. Devansini lud Ardoino ein, beim Ausbau der Bitfinex-Plattform zu helfen, die bereits immer beliebter wurde.

Ardoino wurde bald zum technischen Direktor beider Unternehmen ernannt und wurde zum Gesicht von Tether, während Devasini und CEO Jean-Louis van der Velde sich zurückhielten. Alle drei wurden zusammen mit General Counsel Stuart Hoegner später Milliardäre, wie aus der Forbes Billionaires Rankings hervorgeht.

Ardoino übernahm Tether offiziell im Dezember letzten Jahres, behielt aber seine Position als CTO von Bitfinex. Er ist auch für die Strategie von Holepunch verantwortlich, einer Technologieplattform, die es Entwicklern ermöglicht, serverlose Anwendungen zu erstellen, die von Tether, Bitfinex und der Infrastrukturplattform Hypercore eingeführt wurde.

Ardoino sagte, die Eigentümerstruktur von Tether habe sich nicht geändert. CFO Devasini bleibt der größte Anteilseigner des Unternehmens und der ehemalige CEO van der Velde bleibt als Berater involviert. Aber das hat Ardoino nicht davon abgehalten, einen neuen Kurs für Tether einzuschlagen. Letzten Monat kündigte das Unternehmen eine Reorganisation in vier Geschäftsbereiche an, um seinen wachsenden Geschäftsschwerpunkt weiterzuentwickeln:

• Die Finanzabteilung, die USDT verwaltet und die kommende Tokenisierungsplattform für digitale Vermögenswerte überwacht;

• Die Data Division, die für strategische Investitionen in neue Technologien, darunter künstliche Intelligenz und Peer-to-Peer-Plattformen, verantwortlich ist;

• Die Abteilung Rechenleistung konzentriert sich auf Bitcoin-Mining und energiebezogene Geschäfte;

• Das Bildungsministerium unterstützt Bildungs- und Führungsprogramme.

Tether hat in jedem dieser Bereiche Fortschritte gemacht. Letztes Jahr beteiligte sich der Stablecoin-Riese an einer Investition von 16 Billionen TP1 in einen Bitcoin-Mining-Betrieb in El Salvador namens Volcano Energy, der mit Solar- und Windenergie betrieben wird. Tether hat auch seine eigene Bitcoin-Mine in Uruguay gebaut. Letzten September gab Tether bekannt, dass es 16 Billionen TP1 für den in Deutschland börsennotierten Bitcoin-Miner Northern Data ausgegeben hatte, um 10.000 Grafikprozessoren (GPUs) vom Typ H100 von Nvidia zu kaufen, die normalerweise von Unternehmen für künstliche Intelligenz verwendet werden, die große Datenmengen verarbeiten müssen. Im Gegenzug erhielt Tether einen Anteil von 201 Billionen TP1 an dem Unternehmen, das die Chips an Start-ups im Bereich künstliche Intelligenz vermieten will. Eine weitere neuartige Investition von Tether erfolgte im April, als es 16 Billionen TP1 für den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an Blackrock Neurotech ausgab, einem in Salt Lake City ansässigen Biotech-Unternehmen, das Gehirnimplantat-Chips herstellt, die es Menschen mit neurologischen Erkrankungen oder Lähmungen ermöglichen sollen, „zu essen, zu trinken, einen Roboterarm zu bedienen und durch Denken eine E-Mail zu senden“.

Tether hat laut Ardoino, der jeden Bewerber persönlich interviewt, im letzten Jahr auch seine Mitarbeiterzahl auf rund 100 verdoppelt. „Ich will keine Jasager“, sagte Ardoino. „Ich möchte, dass die Leute mir sagen, was sie über Tether denken und was wir richtig und was wir falsch gemacht haben.“

Beim Bitcoin-Mining strebt Ardoino einen Marktanteil von 5% an und würde damit zu den weltweit führenden Minern gehören. „Wenn man glaubt, dass Bitcoin die ultimative Geldform ist, die für das Ende der Welt geschaffen wurde, dann möchte man nicht, dass der Großteil des Bitcoin-Minings in einem Land konzentriert wird. Der Weg, dies zu erreichen, besteht darin, in verschiedene Regionen zu investieren“, erklärte er. „Wir beginnen mit Südamerika und planen, in verschiedene Regionen der Welt zu expandieren, um sicherzustellen, dass das Bitcoin-Mining weiterhin dezentralisiert werden kann.“

Beim Wettbewerb im Bitcoin-Mining geht es vor allem darum, wie viel Geld man investieren kann. Sie haben etwa 165 Milliarden TP1T investiert. Mit so viel Geld kann man es weit bringen, sagte Kevin Dede, Analyst bei HC Wainwright. Adam Sullivan, CEO des börsennotierten Unternehmens Core Scientific, fügte hinzu: Sie sind jetzt der größte Investor im Bitcoin-Mining. Das ist für sie ganz natürlich, denn es ist das, was ihr Geschäft wirklich antreibt. Sullivan bezog sich auf die Tatsache, dass der jüngste Anstieg der Bitcoin-Preise bei Tether die Gewinne des Unternehmens gesteigert hat, da das Unternehmen große Bestände an dem digitalen Vermögenswert hält. Wenn die Bitcoin-Preise weiter steigen, wird das Mining von Bitcoin die Gewinne steigern.

Doch während Tether beim Bitcoin-Mining große Fortschritte gemacht hat, wird sein Vorstoß in die KI anspruchsvoller. Neben Deals mit Unternehmen wie Northern Data möchte Tether intern wachsen, groß angelegte Modelle erstellen und KI-Funktionen in bestehende Produkte integrieren. Stellenausschreibungen auf der Website von Tether führen Positionen wie KI-Ingenieur und Leiter der KI-Forschung und -Entwicklung auf. „Ich denke, KI kann eine viel größere Rolle spielen und wird nicht von den politischen Vorurteilen der kleinen Elite beeinflusst, die derzeit die größten KI-Projekte der Welt leitet“, sagte Ardoino. Er bezieht sich auf die meisten Unternehmen, die derzeit KI vorantreiben. Entwicklung, darunter Microsoft, OpenAI und Google. „Wir glauben, dass KI frei von Zwischenhändlern sein sollte, genau wie Währungen frei von Zwischenhändlern sein sollten.“

Rob Toews, Partner bei Radical Ventures, äußerte sich skeptisch über Tethers Einstieg in die KI. „Der Erwerb von GPUs und deren Vermietung an KI-Unternehmen ist eine einfachere Strategie, aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass Tether ein ernstzunehmender Konkurrent im Bereich der Entwicklung multimodaler KI-Modelle wird.“

Tether wird über seine Bildungsabteilung Kurse und Workshops zu Blockchain-Technologie sowie künstlicher Intelligenz, Codierung und Design anbieten. Das Unternehmen hat bereits bei mehreren Programmen mit der Georgia Digital Industries Academy und Bitkub, Thailands größter lokaler Börse, zusammengearbeitet. „Bildung ist ein Eckpfeiler dieser Reise und der Schlüssel zur Förderung des wirtschaftlichen Wohlstands und der nachhaltigen Entwicklung“, sagte Ardoino.

Angesichts der turbulenten Geschichte der Kryptowährungen und der Tatsache, dass Tether noch keine von einem Wirtschaftsprüfer geprüften Finanzberichte vorgelegt hat, besteht Grund zur Sorge darüber, woher die neuen Investitionen des Unternehmens finanziert werden. Laut den Finanzberichten des Unternehmens stammte der Großteil seines Gewinns von $4,52 Milliarden im ersten Quartal aus Gewinnen aus den Bitcoin- und Goldpositionen des Unternehmens. Ardoino besteht darauf, dass die Investitionen von Tether aus seinen Gewinnen und nicht aus seinen Kundenreserven stammten.

„Wenn die Leute denken, sie könnten anfangen, in die Kundenreserven zu greifen, um in diese Dinge zu investieren, könnte Tether ziemlich schnell fallen“, sagte Austin Campbell, außerordentlicher Professor an der Columbia Business School und Berater von Blockchain-Unternehmen. „Ich habe immer gesagt, das Problem mit Tether ist nicht, wie viel sie jetzt halten. Es ist, wie viel sie in Zukunft halten könnten, weil sie nicht eingeschränkt sind.“

Campbell warnte auch, dass die Dominanz von Tether als Stablecoin auf lange Sicht keineswegs garantiert sei: „Wenn Stablecoin-Regime entstehen und die Regulierung formalisiert wird, muss Tether entweder anfangen, diese Regime vor Ort einzuhalten oder diese Jurisdiktionen verlassen.“

Die Dominanz von Tethers wurde in Frage gestellt. Obwohl USDT mit einem Anteil von 69% immer noch den Stablecoin-Markt anführt, hinkt die Anzahl der Transaktionen laut DefiLlama-Daten hinterher. Laut einer Analyse des Zahlungsgiganten Visa und der Enterprise-Blockchain-Datenplattform Allium Labs hatte Circles USDC im April 2024 178,6 Millionen Transaktionen und übertraf damit USDTs 173,9 Millionen.

Darüber hinaus geht aus einem kürzlich von SP Global Ratings veröffentlichten Bericht hervor, dass ein neuer, überparteilicher Stablecoin-Gesetzentwurf, der im April von den US-Senatoren R-Wyo. und DN.Y. vorgeschlagen wurde, die Ausgabe von Stablecoins durch Institutionen ohne Banklizenz auf maximal $10 Milliarden begrenzen würde, was die Konkurrenz traditioneller Banken ankurbeln könnte.

Ardoino sagte: „Wir glauben, dass all diese Investitionen für Tether von entscheidender Bedeutung sind … Wir glauben, dass diese Investitionen das Leben der Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern verändern können. Wir wollen eine führende Rolle in der menschlichen Evolution spielen.“

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